
Einsamkeit macht krank…
Ein Plädoyer für mehr Nähe – auch im Job.
Hast du das Gefühl von Einsamkeit schon mal erlebt?
Dann bist du nicht allein. Rund jeder Zweite in Deutschland (> 50 %) fühlt sich mehr oder weniger einsam. Es betrifft Menschen in allen Altersgruppen und Lebenssituationen. Aktuelle Studien zeigen, dass Einsamkeit nicht nur ältere Menschen betrifft, sondern auch junge Menschen im Job – vor allem mit Homeoffice.
Dabei ist Einsamkeit gefährlich, gefährlicher als chronischer Stress, da das Gefühl der Einsamkeit unsere Gesundheit zerstören kann und unser Leben verkürzt.
Was ist Einsamkeit?
Einsamkeit ist immer subjektiv, also ein subjektives Gefühl. Fühlt man sich einsam, dann nimmt man einen schmerzlichen Unterschied wahr – eine Diskrepanz – zwischen den gewünschten und den tatsächlich vorhandenen sozialen Beziehungen.
Einsamkeit kann bedeuten, dass man zu wenig soziale Kontakte hat (quantitative Diskrepanz) oder die gewünschte emotionale Nähe und Verbundenheit zu den Sozialkontakten fehlt (qualitative Diskrepanz).
Einsam im Job – Vorsicht Burnout
Fast jeder Vierte (25 %) der Beschäftigten, die im Homeoffice oder von unterwegs aus arbeiten, fühlen sich isoliert. Das gilt für alle Altersgruppen. Das ergab eine Langzeit-Studie der BARMER Krankenkasse und der Universität in St. Gallen. Viele arbeiten 2 bis 2 ½ Tage in der Woche im Homeoffice, was zu mehr Isolation als vor der Pandemie führt.
Denn: nicht alle haben einen großen Freundeskreis, eine intakte Familie und/oder eine liebevolle Partnerschaft, die die soziale Verbindung zu den Kollegen ersetzen kann. Bei den nicht im Homeoffice Beschäftigten sind es etwas weniger, jeder Fünfte (20 %).
Die Studie brachte auch einige weitere wichtige Fakten ans Tageslicht:
- Oberflächlich betrachtet, also insgesamt über alle Beschäftigten aggregiert, führt Homeoffice zu weniger Stress. Beschäftigte schätzen sich durchs Homeoffice produktiver und erfolgreicher ein.
- Bei genauer Betrachtung, also jedes einzelne Individuum für sich, dreht sich dieser Effekt um: Nimmt mobile Arbeit bei einer einzelnen Person zu, so steigt das Stresslevel.
- Mobile Arbeit führt oftmals zur Verletzung der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben. Beschäftigte im Homeoffice können daher oftmals schlechter von der Arbeit abschalten.
- Zudem kommt es vermehrt zu Konflikten zwischen Familie und Arbeit, z. B. durch Unterbrechungen der Arbeitsaufgaben durch private Belange oder vice versa, wenn Berufliches die Zeit für Partnerschaft und Familie verdrängt.
- Telepressure, das Gefühl ständig für die Arbeit erreichbar zu sein und schnell auf Arbeitsanforderungen reagieren zu müssen, löst zusätzlich Druck aus.
- Beschäftigte leiden dadurch unter mehr Stress.
- Mehr Stress führt bei vielen zu emotionaler Erschöpfung (bei ca. 25 % der Beschäftigten mit Homeoffice).
- Emotionaler Stress erhöht das Burnout-Risiko.
Warum ist Einsamkeit so gefährlich?
Einsamkeit zählt zu den wichtigsten Risikofaktoren für die Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit. Aber auch körperliche Krankheiten und sogar eine erhöhte Sterblichkeit werden durch Einsamkeit gefördert. Die Forschung ist sich einig: Einsamkeit führt zu erheblichen Folgen für unsere körperliche und psychische Gesundheit.
Soziale Beziehungen sind eine wichtige Ressource für ein gesundes Leben, da sie uns Sinn im Leben vermitteln. Dadurch wirken sie sich positiv auf unseren Lebensstil (z. B. auf unser Gesundheitsverhalten) aus, steigern unsere Widerstandskraft (Resilienz) und reduzieren Stressfaktoren. Fühlen wir uns einsam, so steigt das Risiko, dass wir an depressiven Störungen, Schlafproblemen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. Unser Immunsystem wird insgesamt schwächer, Suizidgedanken häufen sich und unsere Lebenserwartung nimmt ab. Und dieser negative Effekt verstärkt sich noch mit zunehmender Dauer (Chronifizierung).
Nähe und Verbundenheit hingegen geben uns ein Gefühl von Sicherheit, stärken unser Vertrauen in uns selbst und in andere, verringern unsere Ängste und vermitteln uns ein Gefühl von Sinnhaftigkeit im Leben. Warum? Weil Nähe (z. B. Umarmungen), das Glückshormon Serotonin und das Bindungshormon Oxytocin (wie bei Mutter und Kind nach der Geburt) ausschütten.
Wie viele Umarmungen brauchen wir täglich?
Auch hierzu gibt es spannende Studien. Entscheidend ist nicht nur die Anzahl an Umarmungen, sondern auch deren Dauer sowie die Qualität unserer zwischenmenschlichen Beziehungen generell, also auch das Gefühl verstanden zu werden und geborgen zu sein.
So zeigte eine Studie der Zeitschrift Psychology Today, dass Menschen, die vor einem Vortrag 20 Sekunden von ihrem Partner umarmt wurden, weniger Stresshormone ausschütteten, als Redner, die vor dem Vortrag ohne menschliche Kontakte waren.
Was können wir tun?
Zu tun gibt es eine Menge. Hierauf sollten wir achten:
- Soziale Kuscheleinheiten fest einplanen: Treffen zum Mittagessen mit einem Kollegen (selbst im Homeoffice), gemeinsames Abendessen mit einer Freundin usw.
- Aktives Grenzmanagement, besonders bei Homeoffice (z. B. Abschalten des Mobiltelefons nach 20.00 Uhr), damit private Zeit für den Partner und die Familie bleibt.
- Job Crafting: eigenständige Arbeitsgestaltung durch den Beschäftigten, bei der Aspekte der Arbeit verändert werden, damit diese idealer zu den eigenen Interessen, Fähigkeiten oder Bedürfnissen passen. Zum Beispiel Anzahl, Umfang oder Reihenfolge von Aufgaben verändern.
- In einem Unternehmen mit tollem Betriebsklima arbeiten und z. B. öfter gemeinsam lachen.
- Regelmäßige Meetings und auch private Kontakte mit den Kollegen pflegen, die das Wir-Gefühl stärken.
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Das macht auch weniger einsam. 😉
Bei Fragen oder Anregungen schreibe mir bzw. uns gern an hallo@shp-potential.de.
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Mit lieben Grüßen und den besten Wünschen für dich,
❤️-lichst
Tina
(1) Einsamkeit als Risikofaktor: Cacioppo, J. T., Cacioppo, S., Capitanio, J. P., & Cole, S. W. (2015). The neuroendocrinology of social isolation. Annual Review of Psychology, 66(1), 733–767. https://doi.org/10.1146/annurev-psych-010814-015240.
(2) Einsamkeit fördert psychische und körperliche Krankheiten und erhöht die Sterblichkeit: Bücker, T. (2022). Alle_Zeit: Eine Frage von Macht und Freiheit. Ullstein Verlag.
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Hawkley, L. C., Thisted, R. A., & Cacioppo, J. T. (2009). Loneliness predicts reduced physical activity: Cross-sectional & longitudinal analyses. Health Psychology, 28(3), 354–363. https://doi.org/10.1037/a0014400.
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(3) Einsamkeit in 2024: Steinmayr, R., Schmitz, M., & Luhmann, M. (2024). Wie einsam sind junge Erwachsene im Jahr 2024? Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage. Bertelsmann Stiftung. https://doi.org/10.11586/2024085
(4) Einsamkeit, Arbeit und Gesundheit (Homeoffice): Böhm, S. A., & Götz, T. (2024). Social health@work: Eine Studie zur Auswirkung der Digitalisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt auf die Gesundheit der Beschäftigten in Deutschland. BARMER und Universität St. Gallen.
(5) Einsamkeit und Genesung: Deutsches Ärzteblatt. (2012). Einsamkeit: Einfluss auf den Therapieerfolg. Deutsches Ärzteblatt, 109(1-2), A38-A40.